Arbeitskreis
 von

 Katholiken

Logo

Ich bin der Weg,

die Wahrheit und

das Leben

.

 

Predigt zum fünften Fastensonntag 2023                26.3.2023

von Prof. Dr. Hubert Windisch

Lesung:        Röm 8,8-11
Evangelium: Joh 11, 1-45

  * Hat nun Jesus den Lazarus von den Toten erweckt oder hat er nicht? Was für eine Frage, werden viele Schriftgelehrte von heute sagen. Damit ist doch die Intention des Evangeliums nicht getroffen. Das Evangelium will ein Glaubenszeugnis sein und kein historischer Bericht. Laßt uns also diese Wundererzählung symbolisch erklären, nicht realistisch. Denn man muß sich das einmal vorstellen: Lazarus so richtig tot, vier Tage schon im Grab, am Verwesen („Er riecht schon“), und dann wieder da unter den Lebenden. Das ist doch unmöglich, das gibt es doch nicht, das kann doch nicht sein.

 * Warum wehre ich mich zunächst einmal ganz intuitiv gegen diesen rein symbolischen Zugriff auf das Evangelium, mit dem man die Erzählungen der Evangelisten in Geschichten auflöst, die uns zwar etwas zu bedeuten, aber eigentlich nichts zu sagen haben? Warum neige ich – und das durchaus sehr reflektiert – dem realistischen Zugriff auf das Evangelium zu?  Ganz einfach: Es steht so da im Evangelium. Und die Evangelien sind keine Phantasieprodukte, in denen Dichtung und Wahrheit kunterbunt durcheinanderpurzeln. Die Evangelien wollen uns doch nichts vormachen, uns doch nicht mit Märchen betrügen! Gerade auch die neuesten archäologischen Erkenntnisse (vgl. Michael Hesemann) rechtfertigen einen realistischen Zugriff auf die Evangelien insgesamt. Die Evangelien haben etwas zu sagen und gerade so bedeuten sie uns etwas.

 * Geben wir also dem heutigen Evangelium eine Chance! Was fällt mir auf, wenn wir das tun? Das Wunder der Totenerweckung wird nur ganz kurz erzählt. Nur Wesentliches ist dargestellt. Das Wunder ist ganz in Dienst genommen. Der Tod des Lazarus soll der Verherrlichung Gottes dienen, sagt Jesus. Das ist es. Das Wunder und das Geschehen drum herum sind eingebettet in einen Vorgang der tieferen Begegnung mit Jesus und der tieferen Erkenntnis Jesu. Das Wunder ist ein Zeichen, kein Selbstzweck, es ist Verweis, nicht die Erfüllung. „Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen“, sagt Jesus zu Marta. Und an anderer Stelle: „Sie sollen glauben, daß du mich gesandt hast.“ Es geht darum, mit Marta in Jesus Gott zu erkennen: „Herr, ich glaube, daß du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“

 In der Auseinandersetzung mit der Frage „Hat nun Jesus den Lazarus von den Toten erweckt oder hat er nicht?“ sehe ich mich plötzlich mit der Frage konfrontiert: „Ist Jesus der der Sohn Gottes? Offenbart sich in ihm Gott? Ist der Mensch Jesus – Gott?“ Und damit bin ich plötzlich hineingenommen in einen Prozeß, der mich in meinem Glauben herausfordert. Bin ich bereit anzuerkennen, daß bei der Empfängnis Jesu im Schoß Mariens Gott gewirkt hat, daß mit den Füßen Jesu Gott über die Wege Galiläas und Judäas ging, daß mit den Händen Jesu Gott die Menschen berührte, in seinen Worten Gott selbst zur Sprache kam, mit Jesus Gott am Kreuz hing? Wenn ich mich diesen Fragen nicht stelle, dann wird das Wunder im heutigen Evangelium ein pures Spektakel bleiben oder zu barem Unsinn erklärt werden müssen. Wenn wir uns aber diesen Fragen annähern als Menschen, die glauben wollen, dann wird sich auch uns die Herrlichkeit Gottes auftun mitten in einer todverfallenen Welt wie damals bei Marta und Maria und Lazarus und ihren trauernden Freunden und wir werden immer wieder bekennen können: „Jesus lebt, mit ihm auch ich. Tod, wo sind nun deine Schrecken? Jesus lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken.“

 Amen.